"Cold water immersion is far easier to prevent than it is to treat." Dies bedeutet, ein wenig abgewandelt: Es ist viel einfacher, das Eintauchen in kaltes Wasser zu verhindern, als dessen Konsequenzen auszugleichen bzw. zu behandeln.
Rudern wird ganzjährig betrieben.
Diese Schilder stellt die Stadt Bonn alljährlich im Sommer am Rhein auf, sicherlich begründet durch die starke Schifffahrt:
Der Rhein ist in Bonn jedoch an über 180 Tagen pro Jahr kälter als 15 Grad - imWinter liegen seine Temperaturen meist zwischen 4 und 8 Grad. Viele andere Flüsse und Seen Deutschlands sind tendenziell kälter.
Schwimmen wirkt bei kaltem Wasser schnell entkräftend, gerade auch bei Wellen oder bei Strömungen, die einen abtreiben - siehe Downloads (z.B. Jane Blockley: Kaltes Wasser - Wie Du Deine Überlebenschancen vergrößerst.) und Interessante Links.
Gute Notschwimmeigenschaften eines Bootes sind daher von größtem Vorteil, sollte sein Wellenschutz massiv überlastet werden, es kentern oder bei einer Kollision so beschädigt werden, dass es vollläuft.
Ein neues Gig-Boot sollte zumindest die Minimal-Anforderungen der FISA erfüllen, was auch der DRV und die ARA (siehe Interessante Links)
empfehlen. Das vollgeschlagene Boot trägt dann die gesamte Mannschaft
so, dass es eingeschränkt ruderbar ist: die Rollsitzoberkanten befinden
sich nun maximal 50 mm unterhalb der Wasserlinie.
Es handelt sich um Minimal-Anforderungen,
da stärker unruhiges Wasser oder nach oben über das Dollbord
hinausragendes Gepäck (z.B. 6 kg pro Person) in ihnen noch nicht berücksichtigt sind. Für die Praxis auf Bundeswasserstraßen ist also ein entsprechender Aufschlag sinnvoll.
Da beispielsweise auf dem Rhein Kollisionen (z.B. mit Bojen) ebenfalls eine Rolle spielen, sollte der Auftrieb in verschiedenen, voneinander unabhängigen Kammern - und möglichst gleichmäßig - im Boot verteilt sein.
Dazu eignen sich besonders, aber nicht allein die Räume unter den Rollbahnen:
Im Bild: Für einen festen, leistungsfähigen Auftriebskörper pro Platz verfügbarer Raum in einem C-Fünfer mit Sandwichdeck.Ein Kommentar dazu: "Nach Holland gehen die Boote nur so raus!" Also - sinnvollerweise - mit Schotts unter den Rollbahnen. Pro Platz kann im E-Boot eine separate Kammervon etwa 50 Litern realisiert werden. Wichtig ist dabei, dass diegleichmäßige Verteilung übergenommenen Wassers im Boot gewährleistetbleibt - dass also z.B. Röhren die offenen Stemmbrett-Räume miteinanderverbinden.
Bei Booten mit Sandwichplatten-Innenausbau wiegt eine solche Kammer nur etwa 800 gmehr, wobei die U-förmige Wasserausgleichs-Röhre bereits miteingerechnet ist (Quelle: Gespräche mit der Bootswerft Baumgarten). Sie sollte nicht zu klein bemessen sein, damit der Kiel gut belüftet und z.B. auch mittels (Innen-)Bürste gut zu reinigen ist.
Die Auftriebsräume unter den Rollbahnen sollten unbedingt mit Kammern in Bug- und Heckspitzeergänzt werden. Zum einen wird erst so das ingesamt benötigte Auftriebsvolumen erreicht; zum anderen sind dann die Volumina in Länge und Höhe günstig und gleichmäßiger verteilt - einem Kipp-Moment bei vollgeschlagenem Boot wird entgegengewirkt:
Begehbarer, fester Heckauftriebskörper (ca. 40 bis 50 Liter) eines E-Fünfers, mit großem Wartungsdeckel. Aus dieser Perspektive (von unten in der Stellage gemacht) heraus wirkt er wesentlich "wuchtiger" als in Wirklichkeit. Vorne rechts ist das verschlossene Spundloch zu sehen.
Begehbarer, fester Bugauftriebskörper (ca. 40 bis 50 Liter) eines E-Fünfers, mit großem Wartungsdeckel.
Günter Voss hat im Rudermagazin 05/2009 (siehe Interessante Links) einen Grundlagenartikel zu möglichen Rumpfformen und -bauweisen geschrieben, in dem weitere Möglichkeiten beschrieben werden. Er beschäftigt sich mit dem Thema: "Nägel mit Köpfen: Wie werden Wanderboote wirklich sicher?"
Idealerweise sind die Kammern so in das Boot integriert, dass sie dessen Gewicht möglichst wenig erhöhen.
Das "Gammel"-Problem, bedingt durch Schwitzwasser,wäre ebenfalls in den Griff zu bekommen. Das Beispiel der (allerdingsmeist sehr gut gepflegten) Rennboote zeigt, dass beides in der Praxisgut möglich ist.
Die Kunst im Bootsbau besteht sicherlich auch darin, die Kammern so anzuordnen, dass die Fähigkeit der Boote, Gepäck aufzunehmen möglichst wenig reduziert wird.
2.1. Mit ca. 300 Litern Auftrieb kombinierter Wellenschutz eines
Inrigger-Bootes von Baumgarten Bootsbau (www.baumgarten-bootsbau.de). Dieses v.a. für das Küstenrudern, für Förden und große Seen gedachte Riemenboot entspricht den Vorgaben des Dänischen Ruderverbandes für Langtuursboote, d.h. dessen Vorgaben für das Küstenrudern (siehe Downloads).
Da - wenn kein Gepäck in diese Kombination aus Schott und fester Abdeckung mit Luke und Wellenbrecher eingeladen wurde - insgesamt ca. 600 Liter Auftrieb zur Verfügung stehen, soll das Boot auch komplett vollgeschlagen noch ruderbar sein.
Das Bild wurde eingesandt von Stafan
Biastock:
2.2. Anders konzipiert, da zusätzlich zum nochmals reichlicher bemessenen Auftrieb selbstlenzend ist die französiche Yole de mer.
Mit ihr werden u.a. Regatten an den französischen Küsten gefahren, z.B. vor der Bretagne. Laut dem Artikel "Küstenrudern in Frankreich" im Rudersport 06/2006 wird sie selbst bei zwei Meter hohen Wellen gerudert. Sie verfügt im Gegensatz zum Inrigger über Skulls und ist selbstlenzend: Yoles de mer auf Youtube
Ein anschaulicher Bericht zu diesen Booten - mit beeindruckenden Bildern - findet sich außerdem hier: www.rudersport.com --> Link "ONLINE-Archiv" --> Link: "Archiv 2006" --> Link "(01.06) Küstenrudern in Frankreich" (er findet sich unter der Überschrift "Wanderrudern und Breitensport, Sicherheit und Technik")
2.3. Für das Durchfahren auch größerer Brandung sind Surfboats gemacht, die der Lebensrettung dienen und mittlerweile verbreitet für Wettkämpfe eingesetzt werden: Surfboat-Wettkampf auf Youtube . An die äußerste Grenze scheint hier gegangen zu werden: Surfboat in enormen Wellen auf Youtube .
Idealerweise bieten die Bootswerften leichte und leistungsfähige Auftriebs-Kits zum Nachrüsten ihrer Boote an, mit definierten Eigenschaften zum Notschwimmverhalten des damit verbesserten Bootes.
Je nach Bauform und Material der Schale (Außenhaut) und des Innenausbaus (Verstrebungen, Stemmbretter, etc.) sind zur Erreichung des gleichen Notschwimm-Verhaltens unterschiedliche Auftriebsvolumina nachzurüsten. Hier sollten die Bootswerften am besten Bescheid wissen.
3.1. Die Grund-Nachrüstung: aufblasbare Auftriebskörper.
Vorteile: - Leicht - das im Bild gezeigte Paar von 2 x 18 = 36 Liter wiegt zusammen nur 390 g (selbst gewogen; Herstellerangabe: 362 g; Hersteller: Holt Allen, Typ: SB2202, Material: PVC). - Sehr schnell und einfach nachzurüsten: Ins Boot legen, aufpumpen, sitzt. - Im Vergleich zum Boot preiswert: Listenpreis ca. 70 Euro pro Paar. - Passen auch ins C-Boot (im Bild: E-Vierer ohne). - Bieten i.d.R. soviel Halt, dass - bei vollgeschlagenem Boot - die Oberkörper wenigstens zum großen Teil aus dem kalten Wasser kommen: Video auf Youtube
Nachteile: - Nachpumpen ca. alle sechs bis zwölf Monate nötig. - Der Nennauftrieb wird nur voll aufgepumpt erzeugt: Bei Berechnungen für die Praxis besser nur mit 90% des Nennwerts rechnen. - Bei alleiniger Verwendung: Aller Auftrieb ist unter den Rollbahnen konzentriert und fehlt in Bug und Heck sowie oberhalb des Rollbahnniveaus. - Bei alleiniger Verwendung: Die Minimal-Anforderungen der FISA werden meist nicht erfüllt. - (M.E. nicht gravierend: Der Austausch übergenommenen Wassers im Boot wird verlangsamt, aber keineswegs verhindert.) - Möglicherweise passen unter einen kombinierten, umbaubaren Ruder- / Handsteuerplatz nur 2 x 11 Liter längs (Holt Allen SB2502, Gewicht dann ca. 326 g pro Paar).
Zu beachten: - Bootsentschärfung I: Die nach unten herausragenden Schrauben - u.a. die zur Rollbahnbefestigung, wenn dafür noch Flügelmuttern verwendet werden - sind mit Hutmuttern zu versehen, damit die Luftsäcke durch die scharfen Schraubenenden nicht verletzt werden können. Da diese Schrauben lang genug sind, können die Flügelmuttern weiterhin genutzt werden, um die Rollbahnen zu verstellen. - Bootsentschärfung II: Zu weit nach unten herausragende Schrauben müssen gekürzt werden. - Wesentlich besser als das Aufblasen mit dem Mund ist das Aufblasen mit einer geeigneten Luftpumpe. So wird Kondenswasser vermieden und durch etwas höheren Druck mehr Volumen und ein festerer Sitz im Boot erreicht. - Klar definierte Verantwortlichkeit im Verein dafür, dass die Auftriebskörper stets mindestens 80% Luft haben - und wieder an ihren Platz kommen, falls sie während einer größeren Reinigungsaktion vorübergehend entfernt werden. - Ich rate davon ab, diese Auftriebskörper ständig aus- und wieder einzubauen. Sie sollten im Boot verbleiben und nur bei größeren Reinigungsaktionen entfernt werden.
Wie man hier sieht, ist mit Auftriebskörpern von 2 x 18 Litern brutto der für eine Nachrüstung zur Verfügung stehende Platz unter den Rollbahnen bei weitem nicht ausgenutzt - die hier abgebildete Lösung könnte noch deutlich verbessert angeboten werden:
Diese großen Muttern für die Rollbahn-Befestigung (im Bild schwarz) schonen die Hände, da sie sehr griffig sind - und die Auftriebskörper, da aus ihnen keine scharfkantige Schraube mehr nach unten herausragt. Erneut sieht man hier, wieviel für Auftrieb eigentlich verfügbarer Platz verschenkt ist:
In der Einbauanweisung, die auf den Holt-Auftriebskörpern ausgedruckt ist, ist u.a. die Rede vom Vermeiden scharfer Gegenstände in deren Nähe und von ihrer soliden Befestigung im Boot.
So sollte es keinesfalls sein (angerostete Schrauben sind übrigens noch ungünstiger als die abgebildeten aus Edelstahl):
Trotz unscharfem Bild gut zu erkennen ;-) - mangelhaft entschärftes Boot (vom Bootsboden aus fotografiert);Schraube ragt in der Nähe des Auftriebskörpers aus dem Spant nach unten heraus.
Nicht entschärftes Boot II (vom Bootsboden aus fotografiert): Schraube ragt in der Nähe des Auftriebskörpers aus der Rollbahn nach unten heraus.
Eine m.E. leider unzureichende Nachrüstung ist die sog. "Fender-Lösung".
Natürlich ist sie (deutlich) besser als gar nichts, und sie ist dabei robust, langlebig, preiswert - und sehr leicht einzubauen.
Neben dem recht hohen Eigengewicht bietet sie in der gezeigten Ausführung jedoch - schätzungsweise - nur etwa 15 Liter Auftrieb pro Platz.
Das folgende Bild verdeutlicht die völlig unzureichende Ausnutzung des eigentlich zur Verfügung stehenden Platzes für Auftriebskörper:
3.2. Nachrüstung mit festem Bug- und Heckkasten, begehbar, zugänglich:
Der im Bild gezeigte Bugkasten ist mit ca. 10 Litern viel zu klein und dient nur dazu, zusammen mit dem ähnlich kleinen Heckkasten das leere, vollgeschlagene Boot gerade an der Wasseroberfläche zu halten. Eine Mannschaft würde im gezeigten Boot mit Holzinnenausbau dann bis zum Hals im (kalten) Wasser sitzen! Die Zugänglichkeit über den 8 cm - Deckel ist sehr eingeschränkt. Die Nachrüstung auf z.B. 60 Liter mit 12 - oder 20 cm - Deckel ist leicht möglich (Quelle: Gespräche mit Hotline der Bootswerft Baumgarten Anfang Nov. 2008):
Vorteile: - Robust, begehbar, über großen Deckel recht gut zugänglich. - Preiswert: ca. 150 Euro pro Kasten (grob geschätzt). - Größe stufenlos wählbar, z.B. 40 bis 70 Liter, für das Heck eher 25 bis 40 Liter. - Nach Terminabsprache mit Bootswerft: Auch mehrere Boote sind innerhalb weniger Tage fertig. - Ideale Ergänzung zu aufblasbaren Auftriebskörpern - damit befindet sich auch Auftrieb an den Spitzen des Bootes und oberhalb des Rollbahnniveaus. - Bei GFK- sowie bei Kevlar-Boot nachrüstbar.
Nachteile: - In den vordersten Bugbereich kann kein Gepäck mehr gelegt werden (volle 70 Liter dürften etwa bis zur hölzernen Querstrebe im Bild reichen), in der Heckspitze ist die Einschränkung bei 35 Litern Kastengröße eher gering. - Das Mehrgewicht eines großen Kastens (ca. 70 - 80 Liter) kann bis auf über 3 kg ansteigen (da begehbar). Bei (zwar noch zu klein bemessenen) 20 - 30 Liter ist es allerdings gering und nur wenig höher als beim viel zu kleinen 10-Liter-Standardkasten (Quelle: Gespräche mit der Bootswerft Baumgarten). - Die Boote müssen zur Bootswerft, wenn auch nur für wenige Tage.
3.3. Nachrüstung mit festem Bug- und Heckkasten, Abdeckung mit Wellenbrecher integriert:
Im Bild eine kleine Ausführung mit ca. 40 Liter Volumen und 8 cm -
Deckel. Größere Volumina und ein 20 cm-Deckel für besseren Zugang sind
zu empfehlen. Eine Bugabdeckung voller Länge sollte hinter diesem kleinen Wellenbrecher ansetzbar sein, falls sie benötigt wird.
Das Gegenstück im Heck.
Als Nachrüstung wäre dies teuer (das Paar m.W. mindestens im hohen dreistelligen Bereich); vom Aufpreis her etwas günstiger könnte es evtl. bei der Neuanschaffung eines Bootes werden.
Dafür spielt dann die - vom Kunden weitgehend frei bestimmbare - Größe (Länge) dieser Auftriebskörper eine nur geringe Rolle bei der Preisgestaltung.
3.4. Nachrüstung mit festen Schotten unter den Bootsplätzen:
Leider sehr aufwändig, teuer und damit unwirtschaftlich (Quelle: Gespräche mit Hotline der Bootswerft Baumgarten Anfang Nov. 2008).
4.1. Bug- und Heckauftriebskörper für Kanadier (Canoes), aufblasbar:
Hier sieht man sie samt ihrer Befestigungskits (dünne Seile durch Ösen gezogen) im Einsatz auf der "Missouri Whitewater Championship 2008":
Bild (Ausschnitt): Christopher J. Amelung, Wikipedia, Artikel "Kanadier (Sportboot)", abgerufen am 23.07.09.
Solche "Spitzenbeutel" aus beschichtetem Nylongewebe bietet z.B. die Firma Sport Zölzer GmbH (www.zoelzer.de) an, die gerade auch für offene Boote gedacht sind. Es handelt sich bei ihr um sog. "PUR-Auftriebsbehälter", die es in verschiedenen Größen von 80 bis 175 Liter gibt, in den Farben gelb oder blau, und von denen auch zusätzliche Maße gefertigt werden können. Die 120 Liter-Ausführung wiegt z.B. nur 560 g.
Befestigungskits für Kanadier (Canoes) gibt es bei Helmi-Sport (www.helmi-sport.eshop.t-online.de), entweder als "Befestigungssatz Auftrieb Holzrand" für Boote mit Holzausbau oder als "Befestigungssatz Auftrieb Alu/PVC". Mit ihnen lässt sich gleichzeitig die Größe zu großer Spitzenbeutel begrenzen.
"Auftriebskörper sind im heutigen Wildwassersport nicht nur dafür da, das Boot über Wasser zu halten, sondern sie schützen auch Leben und Gesundheit der Wildwasserfahrer (...)", schreibt der o.g. Hersteller.
Im Rudersport halte ich sie ebenfalls für wesentlich, gerade im Winterhalbjahr.
...und zum Schluss all dieser Überlegungen noch ein offensichtlich TOP ausgerüsteter Kanute... :-)